bat ZUR ÖKOLOGIE VON FLEDERMÄUSEN IN MITTELEUROPÄISCHEN STÄDTEN bat


Inhaltsverz. Einleit. Grundl. Flederm. in Städten Stadtbewohner? Schutz Abstract Literat.


Kapitel 3 Fledermäuse in mitteleuropäischen Städten -Fortsetz.-

Die Städte Die Fledermausarten in den Städten Einige Fledermausarten im Umland der Städte Bestandsentwicklung einiger Fledermausarten in den Städten

Die Fledermausarten in den Städten -Fortsetz.-


Großer Abendsegler (Nyctalus noctula)

Abbildung* Allgemeine Verbreitung Vorkommen in Städten Quartiere Jagdraum Mobilität Tabelle

Allgemeine Verbreitung (siehe Abbildung (5KB) nach [CORBET & HARRIS 1991])

In Europa kommen "große Speckmäuse"*, wie Große Abendsegler noch 1845 z.B. von SCHULZ [1845] genannt wurden, abgesehen von den nördlichen Teilen Skandinaviens und Großbritanniens in allen Gebieten vor [SCHOBER & GRIMMBERGER 1987]. Laut CORBET & HARRIS [1991] liegen desweiteren von der iberischen Halbinsel nur Nachweise in wenigen Gebieten vor. Im Osten bis zum Ural und Kaukasus, im Süden bis nach Marokko und "Palästina" verbreitet, kommt die Art auch noch in Gebieten in China, Taiwan und Japan vor [STEBBINGS & GRIFFITH 1986].

Vorkommen in Städten

Trotz seines Status als Waldfledermaus [SCHOBER & GRIMMBERGER 1987] tritt der Große Abendsegler in allen Städten (Tabelle 1) bis auf Poznañ als stadtbewohnende Fledermaus auf. Da in Poznañ jedoch nur Gebäudequartiere untersucht wurden, ist das Vorkommen der baumhöhlenbewohnenden Art auch dort möglich.

Abgesehen von Berlin zählt der Große Abendsegler in Linz [ENGL 1990], Göttingen [HILDENHAGEN & VOWINKEL 1986], Hamburg [GROSS 1986/87], Brno [GAISLER & BAUEROVA 1985/86], Bayreuth [ARNOLD & SACHTELEBEN 1993], Kassel [JANSEN 1993] und Wien [SPITZENBERGER 1990] zu den häufigsten Fledermausarten.

In Brno [GAISLER & BAUEROVA 1985/86] und Göttingen [HILDENHAGEN & VOWINKEL 1986] ist die Art mehr am Rand der Stadt zu finden, wobei die Nachweise nicht nur aus Waldgebieten, sondern auch aus bebauten Gebieten stammen. In Basel [GEBHARD 1983] findet sich der Große Abendsegler vor allem im Siedlungsraum, Nachweise außerhalb der Siedlungsagglomeration sind seltener. Genauso ist die Art in Wien auch im Innenstadtbereich zu finden [SPITZENBERGER 1990]. Lediglich Einzelnachweise im Winter stammen aus Berlins Stadtzentrum [HAENSEL 1992a].

Über den Sommer findet man diese nach KLAWITTER [1975] dann in Berlin am häufigsten beobachtbare Fledermausart nur in Parks, Wäldern und deren Randbereichen.

"Die Verteilung der Sommervorkommen ... lassen eindeutig den Schluß zu, daß sich in den ausgedehnten Waldgebieten des Berliner Südostens beachtliche Fortpflanzungsgesellschaften an Abendseglern befinden."[HAENSEL 1992a]

Im stark bebauten Stadtgebiet Berlins tauchen Große Abendsegler während des Einsetzens der herbstlichen und frühjährlichen Wanderungszeit auf [KLAWITTER 1976b], wobei die Tiere teilweise in die Wohnungen der Menschen einfliegen. Diese Einflüge treten des öfteren auch in der Winterzeit von November bis März auf. Wie in Berlin scheinen in vielen mitteleuropäischen Städten (z.B. Hamburg, Wien) die Großen Abendsegler erst während der herbstlichen Wanderungszeit im September und Oktober häufiger im stark bebauten Stadtgebiet aufzutauchen.

"Gelegentlich werden Einflüge in Wohnräume ... registriert. Herbstliche Gebäude-Einflüge in den Stadtbereichen von Wiesbaden, Frankfurt [am Main] und Offenbach beginnen im Oktober ... Ihnen folgen winterliche Einflüge ..., wobei in der jeweiligen Umgebung Überwinterungsquartiere vermutet werden." [KOCK & ALTMANN 1994a]

In Hamburg vermuten BOYE et al. [1985], daß die Tiere auf der Suche nach Winterquartieren in und an Gebäuden sind, wenn sie ab September in das Stadtgebiet einfliegen. In Wien konnte bei der Art beobachtet werden, wie

"... sie im Oktober und November an der Donau oft zu Tausenden westwärts zieht ... Beobachtungen von Massen tagziehender Abendsegler im oder zum Wiener Raum ... lassen .. auf Einwanderung nordosteuropäischer Populationen schließen ...

In vielen Großstädten Europas (z.B. .. München, Nürnberg, Ulm, Kaiserslautern, Dresden, Prag, .. Zagreb) überwintern große (bis zu 1000 Exemplare) Abendseglerpopulationen." [SPITZENBERGER 1990]

Gleichermaßen benennen ARNOLD & SACHTELEBEN [1993] die Art für Bayreuth nur als Durchzügler und Wintergast.

Quartiere

Nach KLAWITTER & PALLUCH [1987] überwintern Große Abendsegler in Berlin teils in Baumhöhlen - nach Frostperioden wurden Tiere als Totfunde in einem Alteichenbestand festgestellt - teils in Gebäuden. Es finden sich sogar überwinternde Große Abendsegler in Spalten an Hochhäusern [LEHNERT & HAENSEL 1994, HAENSEL 1992a und DOLCH 1995].

Gebäude (Mauerrisse und Spalten, Lüftungsschächte u.ä.) dienen häufig in Städten als Winterquartiere für diese ansonsten fast nur in Baumhöhlen Quartier beziehende Art, so auch in Bayreuth [ARNOLD & SACHTELEBEN 1993], Kassel [JANSEN 1993] und Wien [SPITZENBERGER 1990]. SPITZENBERGER [1990] bezeichnet Gebäudequartiere sogar als bevorzugte Winterquartiere in Wien. Gebäudewinterquartiere mit einer großen Anzahl Großer Abendsegler (1200 Tiere in der Dresdener Frauenkirche) sind bereits seit MEISE [1951] bekannt. Auch Hochhäuser werden wie in Berlin z.B. in Prag [GAISLER 1979], Frankfurt am Main [KOCK & ALTMANN 1994a] und Wiesbaden [GODMANN 1992] genutzt. Baumhöhlen als Winterquartier, in denen die Tiere in Clustern hängen, werden seltener als im ländlichen Raum nachgewiesen, treten aber auch in Städten auf. Mögliche Winterquartiere in Städten sind desweiteren Hohlräume in Autobahnbrücken (mind. 5000 Tiere in einer Autobahnbrücke bei Kiel [KUGELSCHAFTER & HARRJE 1994]) [KOETTNITZ & HEUSER 1994]. Überwinterung in unterirdischen Räumen (Kellern, Stollen u.ä.) sind beim Großen Abendsegler gänzlich unbekannt.

Trotz der herbstlichen Einflug- und damit verbundenen frühjährlichen Ausflugsituation finden sich in vielen Städten Sommerquartiere des Großen Abendseglers, die dazu führen, daß die Art nicht nur im Winter zu den häufigsten Fledermausarten zählt. In Berlin und anderen Städten werden viele Kolonien und Wochenstuben in Baumhöhlen von Altholzbeständen nachgewiesen. Wenige Nachweise stammen aus Nistkästen [LEHNERT & PALLUCH 1992]. Ähnlich wie Wasserfledermäuse wechseln Große Abendsegler des öfteren ihr Quartier [CERVENY & BÜRGER 1989], insofern muß eine ausreichende Anzahl von Baumhöhlen vorhanden sein. Diese findet man oft nur in Altholzbeständen. Das gleiche Sommerverbreitungsmuster wie in Berlin liegt auch in anderen Städten vor: Quartiere des Großen Abendseglers finden sich in Parks, Wäldern und deren Randbereichen. Nach STEBBINGS [1977] nutzt der Große Abendsegler auch isoliert stehende Bäume als Sommerquartier.

Jagdraum

In den Städten wurden Flugbeobachtungen Großer Abendsegler oft über Gewässern, offenen Wiesen und in Parkanlagen und Wäldern, seltener aber im stark bebauten Gebiet, gemacht. Auch nach GAISLER [1979] jagen Große Abendsegler nicht innerhalb der Städte, womit er vermutlich die geschlossen bebauten Innenstädte meint. Größere Parkanlagen in Städten dienen durchaus als Jagdraum der Art [LEHNERT et al. 1993]. In Hamburg findet sich die Art jagend hauptsächlich in wald- und parkreichen Gebieten [GROSS 1986/87], in denen sie die höheren Teile der Bäume im Kronenbereich umjagt. Nach ARNOLD & SACHTELEBEN [1993] werden Jagdgebiete vom Großen Abendsegler nicht nach bestimmten Biotopstrukturen, sondern nach der Beutedichte, d.h. der Insektendichte ausgesucht. In stark bebauten Stadtgebieten sind die Insektenabundanzen meist geringer, womit das Ausbleiben des Großen Abendseglers dort erklärt wäre. Stark beleuchtete Gebiet der Stadt können hingegen durchaus viele größere Fluginsekten (z.B. Maikäfer - Melolontha melolontha, Heimchen - Acheta domestica), die als Nahrungsgrundlage des Großen Abendseglers dienen, anziehen. So liegen in Kassel [JANSEN 1993] Nachweise von jagenden Großen Abendseglern an beleuchteten Stellen der Stadt vor.

Wie auch von anderen Arten und nicht nur in Berlin bekannt, wurden jagende Große Abendsegler auch auf Müllkippen beobachtet [KLAWITTER 1973] (siehe auch Abschnitt Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus) ) .

Mobilität

Der Große Abendsegler ist im übrigen eine der wenigen Arten, der während der Jagd nicht an lineare Landschaftsstrukturen wie Hecken, Bachläufe, Baumreihen u.ä. angewiesen ist. Das Jagdgebiet kann bis zu 6km vom Quartier entfernt sein, die das Tier oberhalb der Baumkronen (bis zu 160m hoch) mit direktem, schnellem Flug (bis 50km/h) erreichen kann [STEBBINGS 1977 und SCHOBER & GRIMMBERGER 1987]. Die Entfernung reicht aus, um in den meisten Städten nicht permanent in der Stadt leben zu müssen, Quartiere oder Jagdräume können außerhalb der Stadt liegen.

Obwohl viele mitteleuropäische Städte den Großen Abendsegler auch im Sommer beherbergen, stammen Teilpopulationen im Winter aus nordöstlichen Teilen Europas. Die Tiere wandern bis zu 2247km aus dem Baltikum, Polen und Rußland nach Mitteleuropa hinein [CORBET & HARRIS 1991]. Auch Zuwanderer aus dem Bergland in Städte im Flachland sind möglich, wie KOCK & ALTMANN [1994a] andeuten. Inwieweit mitteleuropäische Populationen dieser Art ortstreu sind, ist unklar [SCHOBER & GRIMMBERGER 1987]. Meldungen von nicht wandernden und wandernden Tieren existieren gleichermaßen. ROER [1960] und HEISE & SCHMIDT [1979] beschreiben wandernde Große Abendsegler, die auch im Herbst in südwestliche Richtung ziehen, den Sommer aber in den Niederlanden, Deutschland und anderen mitteleuropäischen Ländern verbringen, in denen andere Große Abendsegler ihr Winterquartier aufsuchen. Daß die saisonalen Wanderungen als Ausweichbewegungen vor strengen Wintern zu werten sind [STRELKOV 1969], ist insofern nur schwer nachzuvollziehen. Die Möglichkeit, daß städtische Populationen des Großen Abendseglers im Sommer mit denen im Winter nicht identisch ist, läßt sich aus den bisherigen Ergebnissen vermuten, wurde aber bisher nicht untersucht.


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Weitere 12 Fledermausarten

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©verfaßt von Tiemo Redel -Germany (Berlin)- und zuletzt verändert am am 21.Oktober 1996

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