bat ZUR ÖKOLOGIE VON FLEDERMÄUSEN IN MITTELEUROPÄISCHEN STÄDTEN bat


Inhaltsverz. Einleit. Grundl. Flederm. in Städten Stadtbewohner? Schutz Abstract Literat.


Kapitel 4 Sind Fledermäuse typische Stadtbewohner? -Fortsetz.-

Begriffsbestimmung Synanthropie bei Fledermäusen Welche Fledermausarten sind typische Stadtbewohner?

Welche Fledermausarten sind typische Stadtbewohner?

SPITZENBERGER [1990] bewertet die Synanthropie von Fledermäusen nach der Synanthropiedefinition SCHAEFERs [1992] mit der Einengung TISCHLERs [1993] (siehe vorne). Sie bezeichnet, in ihrer Untersuchung über Breitflügelfledermäuse, Fledermausarten als synanthrop, die in Städten vorkommen. Nach gleicher Begriffsdefinition benennt HIEBSCH [1983] die beiden Langohrarten als synanthrop und führt deren Besiedlung von Städten an. Diese Bewertungsart der Synanthropie kommt der Beantwortung der Frage nach den typischen Stadtbewohnern näher.

Um entscheiden zu können, bei welchen Fledermausarten eine so enge Bindung an den Lebensraum Stadt vorliegt, daß die Tiere als typische Stadtbewohner oder besser als Stadtfledermäuse bezeichnet werden können, sollen nun unter anderem die Beschreibungen der Vorkommen der Fledermäuse in Städten, wie sie in Kapitel 3 Fledermäuse in mitteleuropäischen Städten dargestellt wurden, herangezogen werden.


GAISLER & BAUEROVA [1985/86] kommen zu dem Schluß, daß keine Fledermausart in Städten häufiger vorkommt, als in anderen Umwelten. Auch wenn diese Aussage in bezug auf absolute Häufigkeiten von mir nicht zu widerlegen ist, da alle in Städten vorkommenden Fledermausarten auch im nicht städtischen Bereich vergleichsweise häufig nachgewiesen werden, so lassen sich doch

als Parameter nutzen, um Fledermausarten als Tiere einzustufen, die in Städten häufig vorkommen.

Die größte Fehleranfälligkeit scheint der erste Parameter zu haben. Denn es sind augenscheinlich die gut untersuchten Städte wie Berlin, Brno, Wien und Bayreuth, die eine große Artendiversität in bezug auf Fledermäuse besitzen (siehe Tabelle 1). Vermutlich wurden aufgrund der bisher nicht so intensiven Untersuchungen in anderen Städten einige Arten übergangen. Der Fehler, der also bei der Auswertung dieses Parameters auftritt, wird hauptsächlich die seltenen Arten betreffen, da häufige Arten auch bei geringen Untersuchungsaufwand nachgewiesen werden. Die Anzahl der Städte, in denen eine Art vorkommt, darf nur als ein geringwertiger Gesichtspunkt bewertet werden.


Ohne die Parameter genau zu wiederholen, sollen die Arten nun folgend eingestuft werden (siehe auch grafische Darstellung Abbildung (11KB)).

Typische Stadtbewohner (Stadtfledermäuse)

Zwei Arten, Zwerg- und Breitflügelfledermaus, können entsprechend ihrer Bindung an Gebäude (siehe Abschnitt Synanthropie bei Fledermäusen) als am stärksten an die ökologischen Verhältnisse der Stadt angepaßt gelten. Zwergfledermäuse kommen in fast allen Städten Mitteleuropas relativ häufig vor, Breitflügelfledermäuse werden in fast allen Städten nachgewiesen, die in ihrem allgemeinen Verbreitungsgebiet liegen. Ihre geringere Häufigkeit in einigen Städten kann mit einer methodisch begründeten Unterbewertung der Art zusammenhängen (siehe Abschnitt Erfassung von Fledermäusen). Auch SPITZENBERGER [1990] nennt die Breitflügelfledermaus eine Siedlungsfolgerin, GAISLER [1979] bezeichnet beide Arten als häufigste Art in Städten.

Beide Arten können als einzige Fledermausarten ganzjährig die geschlossen bebaute Zone, d.h. die Innenstädte und Bebauungszentren der Städte, besiedeln. Sie finden hier Sommer-, Winterquartiere und Jagdräume. Die Fähigkeit sehr kleine Gebäudespalten (Zwergfledermaus) und auch andersartige Spalten z.B. in Schutthaufen (Breitflügelfledermaus) ganzjährig nutzen zu können, begünstigt die beiden Arten in der Stadt. Durch ihre Flexibilität in der Wahl der Jagdgründe genügen beiden kleine Grünflächen und beleuchtete, Insekten anziehende Plätze als Jagdraum. Kleine Grünflächen existieren in stark bebauten Gebieten in Form von Hinterhofgärten und Abstandsgrün an den Gebäuden. Ihre Toleranz gegenüber grünflächenärmeren Stadtteilen ermöglicht es diesen Arten, ältere Stadtteile, die meist sehr stark bebaut sind, zu bewohnen. Ihre Bevorzugung offener, lichter Geländestrukturen als Jagdraum kann als geeignete Präadaptation an städtische Parkanlagen gedeutet werden, die die Tiere auch im Innenstadtbereich nutzen können. Es ist anzunehmen, daß die Tiere beider Arten, wie in Berlin, in Städten Subpopulationen bilden, die sich unabhängig von Populationen des Umlands der Stadt fortpflanzen [HAENSEL 1992a]. Beide Arten lassen sich infolgedessen als Stadtfledermäuse und als fakultativ synanthrop bezeichnen. Eine "bessere Entfaltung in der menschlichen Siedlung" wie sie von SCHAEFER [1992] (siehe vorne) für die Synanthropie gefordert wird, läßt sich zwar aufgrund der fehlenden absoluten Bestandsgrößen in Städten nicht nachweisen, kann aber aus der Bindung an gleiche städtische Strukturen in vielen Städten gefolgert werden.

Beide Langohrarten, Braune und Graue Langohren, finden sich in mitteleuropäischen Städten relativ häufig. Bedingt durch das südlichere Verbreitungsgebiet existieren jedoch von Grauen Langohren gegenüber Braunen Langohren in weniger mitteleuropäischen Städten Nachweise. Ihre schwierige Erfaßbarkeit deutet auf größere Vorkommen beider Arten als die bisher nachgewiesenen hin. Die in Städten hauptsächlich gebäudespaltenbewohnenden Tiere besiedeln im Sommer eingeschränkt auch geschlossen bebaute Gebiete, teilweise älteren Baujahrs. Tendenziell ist die Besiedlung der Bebauungszentren durch die thermophileren Grauen Langohren stärker ausgeprägt. Im Winter bieten Städte den Langohren Quartiere in Form von Kellern u.ä.. Lichte Wälder und Parkanlagen sind der Jagdraumersatz für offene Geländestrukturen in naturnäherer Umgebung. Es ist zu vermuten, daß die ortstreuen Tiere sich in den Städten auch vermehren. Das Vorkommen beider Arten in typisch städtischen Strukturen führt dazu, daß beide Langohren als fakultativ synanthrop eingestuft werden können.

Der limitierende Faktor für das sommerliche Vorkommen von Wasserfledermäusen in Städten sind Gewässer mit in der Nähe liegenden Quartiermöglichkeiten in Form von Baumhöhlen. Trotzdem sind die Tiere in vielen Städten relativ häufig. Die großen Mengen an Zuckmücken (Chironomidae) über eutrophierten Stillgewässern [DIETZ 1993] und Köcherfliegen (Trichoptera) über eutrophierten Fließgewässern [MALICKY 1980] liefern sehr gute Nahrungsmöglichkeiten für Wasserfledermäuse in Städten. Die vorhandene Präadaptation der Tiere an die Stadt in Form des Nahrungsspektrums könnte auch entscheidend für die stabilen Bestände in Mitteleuropa sein, die bei kaum einer anderen Fledermausart festzustellen sind. Selbst in "umgekippten" Gewässern mit partiellem Sauerstoffmangel - dieser Zustand ist bei städtischen relativ flachen Teichen im Sommer zu erwarten - können Zuckmücken sich weiter entwickeln und den Fledermäusen als Nahrung dienen. Vom Menschen angelegt Teiche in Parkanlagen können jedoch aufgrund ihrer fehlenden Komplexität gegenüber natürlichen Gewässern nicht immer genügend Nahrung für die Fledermäuse produzieren. Da Wasserfledermäuse teilweise in Wäldern jagen, und dort auch ihr Sommerquartier beziehen, müssen baumhöhlenreiche Wälder oder Parkanlagen vorhanden sein, die über Verbindungswege (Grünkorridore) an die Gewässer gebunden sind. Da die Tiere Baumhöhlen verstärkt im Sommer als Quartier nutzen, sind die Ansprüche dieser Art an die Wärmeisolierung der Höhlen niedriger gegenüber Arten, die die Höhlen auch im Winter nutzen. Im Herbst neigen die Tiere dazu, ihre Aufenthaltsorte zu wechseln. Städte können Wasserfledermäusen aber durchaus auch im Winter Quartiere bieten. Die Tiere überwintern in frostfreien feuchten Räumen, z.B. Kellern und Bunkeranlagen. Da Wasserfledermäuse nicht unbedingt ganzjährig in Städten verweilen, und nur im Winter ausgeprägt typisch städtische Strukturen von ihnen besiedelt werden, sind die Tiere als temporär synanthrop zu bezeichnen.

Ähnlich wie bei letztgenannter Art ist die zeitliche Begrenzung der Synanthropie bei den drei folgenden Arten ausgeprägt.

Als Stadtfledermäuse im zeitlich eingegrenzten Sinne lassen sich der Große Abendsegler, die Rauhhautfledermaus und die Zweifarbfledermaus bezeichnen.

"Es ist schon erstaunlich, dass etwa 7-9 Gramm schwere Fledermäuse Wanderungen (bis 2247km beim Großen Abendsegler, d.Verf.) unternehmen, um dann im Winter in weit entfernten menschlichen Ballungsräumen wieder vermehrt aufzutauchen." [GEBHARD 1983]

Flüsse leiten wandernde Fledermäuse der drei Arten in und durch die an Flüssen entstandenen Städte (z.B. Rhein in Basel [mündl. Mitt. von GEBHARD], Roter Main in Bayreuth [ARNOLD & SACHTELEBEN 1993], Donau in Wien [SPITZENBERGER 1990] und die Spree in Berlin [LEHNERT & KALLASCH 1995]).

"Geraten wandernde Fledermäuse in grosse Siedlungsagglomerationen, finden sie bei bestimmten Wetterlagen gerade im Herbst begünstigte klimatische Bedingungen vor... Bei bestimmten Situationen können Fledermäuse unter solch einer momentan attraktiven Wärmeglocke regelrecht 'hängen bleiben' und den Weiterzug verpassen. Dies wäre eine Erklärung für die zu beobachtende Fundhäufung .., die mit dem explosionsartigen Wachstum der Ballungszentren zusammenfällt. Auf ihren Wanderwegen begegnen Fledermäuse jetzt neuen klimatischen Anreizen, die als Signalgeber wirken können." [GEBHARD 1983]

"Da einige ursprünglich als Baum- und Felsfledermäuse lebende Arten, deren Wochenstuben sich vor allem in Nordost- und Osteuropa befinden, sich ... [seit früheren Zeiten] offenbar daran gewöhnt haben, die klimatischen Vorteile von Großstädten für die Überwinterung zu nutzen, sind Arten wie Großer Abendsegler, Zweifarbfledermaus und Rauhhautfledermaus nun vermutlich häufiger als im vorigen Jahrhundert." [SPITZENBERGER 1990]

GROSS [1986/87] schreibt über den Großen Abendsegler:

"Im Herbst wird er zur 'Stadtfledermaus'."

Seine große Mobilität gestattet es dem Tier, in vielen Städten nachgewiesen zu werden. So wandern die Tiere in vielen mitteleuropäischen Städten im Winter verstärkt ein. Entgegen der sonstigen Besiedlung von Baumhöhlen, scheint die Toleranz bezüglich der Quartierwahl groß genug zu sein, daß die Tiere im winterlichen Städten hauptsächlich Gebäudespalten beziehen. Ein sich entwickelnder Anpassungsprozeß ist bei den Tieren in Wien zu erkennen, wo sie immer gehäufter an Gebäuden auftreten [SPITZENBERGER 1990]. Die häufigen Nachweise an Hochhäusern sind unter Umständen durch das Zugverhalten zu erklären. Eventuell bleiben die Tiere während ihrer Wanderungen an den hohen Bauwerken "hängen". Nachweise von an Felswänden überwinternden Großen Abendseglern [mündl. Mitt. von JÜRGEN GEBHARD] deuten jedoch die Präadaptation an die felswandähnlichen Hochhäuser in Städten an. Im Sommer bieten ältere Parkanlagen, städtische Wälder, Waldränder und Mülldeponien Nahrung für die Tiere. Die geschlossen bebauten Gebiete der Stadt liefern den Großen Abendseglern wenig erfolgversprechende Jagdmöglichkeiten auf größere Käfer, Nachweise aus dieser Zone sind daher selten. Eine Anpassung an Insekten anziehende Beleuchtungskörper ist jedoch festzustellen. Große Abendsegler können Insektenansammlungen durch ihre große Mobilität schnell erreichen, und jagen auch an erhellten Stellen der Stadt. Baumhöhlen dienen als Sommerquartier, finden sich aber in vielen Städten nur in Wäldern am Rand der Stadt oder in waldähnlicheren Parkanlagen. Bei entsprechenden Quartiermöglichkeiten kommt es auch zur Jungenaufzucht. Die Gründe, warum Große Abendsegler im Vergleich zu anderen Waldfledermäusen in Städten ganzjährig häufig sind, könnten in der geringeren Bindung an den Wald als Jagdraum bestehen. Große Abendsegler bevorzugen offenere, lichtere parkähnliche Strukturen. Das typische Flugverhalten, auch in größeren Höhen bis zu 60m zum Jagdrevier zu fliegen, könnte ein weiterer Grund sein. So können die Tiere die wenigen optimalen Nahrungsressourcen nutzen, die von anderen Arten nicht mehr erreicht werden, da diese durch "Straßenschluchten und Häusermeer" abgehalten werden.

"Gaisler et al. [1980] sprechen ... von einer zunehmend "semisynanthropen" [fakultativ synanthrop, d.Verf.] Lebensweise der Art." [DIETZ 1993]

Der Große Abendsegler ist eventuell sogar ganzjährig als Stadtfledermaus zu benennen, da aber unklar ist, ob gleiche Poulationen die Stadt im Sommer und Winter besiedeln, muß die Art als temporär synanthrop bezeichnet werden..

Rauhhautfledermäuse besiedeln im südlichen Mitteleuropa gelegene Städte im Winter und finden sich im Sommer in nördlicheren Städten. Im Winter durch die Tiere besiedelte Städte liefern Quartiermöglichkeiten in Form von Spalten an Gebäuden. Eine Anpassung an diese Quartiere speziell in Städten belegt GEBHARD [1983]. Im Sommer werden die Tiere ihrem Status als Waldfledermaus gerechter und beziehen Baumhöhlen und Nistkästen. Baumhöhlenreiche Altholzbestände spielen eine wichtige Rolle für das Vorkommen der Tiere in Städten im Sommer. Für die Jagd bieten Parkanlagen und Gewässer Ersatz für offene Geländestrukturen, die die Tiere in naturnahen Landschaften bevorzugen. Die geschlossen bebaute Zone der Städte wird vor allem im Sommer infolge fehlender Jagd- und Quartiermöglichkeiten gemieden. Es ist anzunehmen, daß Rauhhautfledermäuse teilweise in Städten ihre Jungen aufziehen. Die Tiere sind nur eingeschränkt als Stadtfledermaus zu bezeichnen. Ihre schwach ausgeprägte Synanthropie ist temporär.

Entgegen der Meinung von BAUER [1954], der die Zweifarbfledermaus nicht als Stadtfledermaus bewertet, da auch Nachweise außerhalb von Städten bekannt sind, würde ich sie nicht als häufigen aber als typischen Stadtbewohner und Stadtfledermaus bezeichnen, der in Mitteleuropa sogar eine starke Bindung an die Stadt hat. Nachweise außerhalb von Städten existieren nur wenige, so daß die mitteleuropäischen Tiere an Städte gebunden zu sein scheinen. Annähernd die gesamten, wenn auch kleinen, Populationen an Zweifarbfledermäusen in Mitteleuropa und weitgewanderte Tiere aus östlicheren Gebieten suchen die klimatisch günstigere Stadt im Winter auf. Ersatzwinterquartiere für die ansonsten felsenbewohnenden Tiere bieten hohe Gebäude, an denen sie sich in Spalten verkriechen. Die Art ist temporär synanthrop.


Keine typischen Stadtbewohner

Große Mausohren sind als ganzjährige Gebäudefledermäuse (siehe Abschnitt Synanthropie bei Fledermäusen) auf den ersten Blick gut an die Stadt angepaßt, aber nur im Winter bieten einige Städte den Mausohrkolonien Quartiere in großen Festungs- und Bunkeranlagen, in die die Tiere aus einem großen Umkreis außerhalb der Stadt zusammenkommen. Im Sommer wirken sich meiner Meinung nach das Fehlen von Quartierzugängen in Dachböden als limitierender Faktor für das Vorkommen der Tiere aus. Größere Einflugsöffnungen, die die großen Fledermäuse als Zugang zum Dachboden benötigen, existieren in gut abgedichteten städtischen Dachböden selten. Ein weiterer Faktor, der sich einschränkend auswirkt, könnte das bevorzugte Nahrungsspektrum der Tiere sein. KLAUSNITZER [1993a] berichtet von abnehmenden Individuenzahlen (in Leipzig) und abnehmenden Artenzahlen (in Warschau) an Laufkäfern (Carabidae) vom Stadtrand zum -zentrum hin. Laufkäfer dienen als wichtige Nahrungsquelle für Große Mausohren [SCHOBER & GRIMMBERGER 1987]. Es ist zu vermuten, daß solche Gradienten der Laufkäferfauna in Städten zu Zeiten entstanden sind, in denen starke Stadtentwicklungen zu beobachten waren. Die Bestandsrückgänge im 19.Jahrhundert (siehe Abschnitt Bestandsentwicklung einiger Fledermausarten in den Städten), die heutige Verbreitung Großer Mausohren an den Rändern der Städte und die Meidung der Stadtzentren mit ihren geschlossen bebauten Gebieten werden so verständlich. Die Art ist nicht als Stadtfledermaus zu bezeichnen.

Die 12 bereits in Abschnitt Weitere 12 Fledermausarten genannten Fledermausarten sind nicht als typische Stadtbewohner und nicht als synanthrop zu bezeichnen, da sie meist in wenigen Städten in geringen Beständen vorkommen. Einige Gründe für das häufige Fehlen der Arten in Städten sind bereits in oben genanntem Abschnitt angedeutet.

Städtische Parkanlagen stimmen in ihrem Klima nicht mit der allgemein für Städte vorliegenden Überwärmung (siehe Abschnitt Ökologische Besonderheiten der Stadt) überein [KUTTLER 1993], Waldfledermäuse sind dadurch in Parkanlagen generell weniger begünstigt entgegen Gebäudefledermäusen. Für einige Waldfledermäuse (Kleiner Abendsegler und Bechsteinfledermaus) sind fehlende ausreichend wärmeisolierte Baumhöhlen in dickwandigen alten Bäumen als ganzjährig bevorzugter Quartiertyp ein Grund für das Fehlen in Städten. Andere Arten (Fransenfledermaus, Große und Kleine Bartfledermaus und Mopsfledermaus) haben in der warmen Jahreszeit geringere Ansprüche an die Isolationsfähigkeit der Bäume, benötigen Baumhöhlen als Sommerquartier aber dennoch.

Baumhöhlen werden durch Spechte (Picidae) produziert, die sie zu Bruthöhlen zurecht zimmern, bzw. auf Nahrungssuche die Bäume behacken, und somit kleine Initialhöhlen schaffen, die sich durch Faulprozesse vergrößern. Auch ohne das Zutun der Vögel entstehen Baumhöhlen durch Faulprozesse an Rindenverletzungen, Astlöchern u.ä.. Baumhöhlendichten sind insofern abhängig vom Spechtbesatz und vom Alter der Baumbestände. NOEKE [1990] beschreibt die Abhängigkeit vom Alter der Baumbestände:

"Die Anzahl der Höhlen je Hektar nahm nicht kontinuierlich mit dem Bestandesalter zu, sondern es scheint eine Schwelle im Altersbereich um 140 Jahre zu geben."

Ihre Untersuchungen an Buchen und Buchen- Eichenbeständen zeigen, daß einerseits bewirtschaftete und bepflegte Baumbestände weniger Baumhöhlen, andererseits ältere Bestände bis zu 140 Jahren steigende Baumhöhlendichten aufweisen. Die Bestandsdichte der Spechte, die ihrerseits auf die Baumhöhlendichte einwirkt, ist abhängig vom Alter der Baumbestände.

"Je höher der Alt- und Totholzanteil in einem Waldgebiet ist, desto mehr Spechtarten treten auf und desto höher ist ihr Bestand." [BLUME 1990]

Verschiedene Spechtarten kommen in Städten vor. Nach KLAUSNITZER (1993a) dringen Grünspechte (Picus viridis) am weitesten in die Stadtzentren ein. Buntspechte (Dryobates major) besiedeln Parkanlagen, die Platz für ein Revier von 20 Hektar bieten. Kleinere Parkanlagen wie z.B. der Steglitzer Stadtpark in Berlin mit 17,6 Hektar [KUTTLER 1993] bieten für diese Spechtart keinen Raum. Das Alter vieler erst nach dem 2. Weltkrieg und im Zuge moderner Stadtentwicklung entstandener Parkanlagen scheint dem Besatz durch Spechte und dem Entstehen von Baumhöhlen nicht entgegenzukommen. Als weiterer Faktor, der die Baumhöhlendichte in städtischen Parkanlagen und damit das Vorkommen einiger Fledermausarten extrem beeinflußt, sind Wegesicherungsmaßnahmen und Parkpflege. U.a. Spechtbesatz begünstigendes Totholz wird dabei aus Parkanlagen entfernt. Astlöcher und Stammrisse werden versiegelt und können den Fledermäusen nicht mehr dienen.

Um einen Eindruck von der mangelnden Baumhöhlendichte und somit fehlenden Quartierressourcen für Fledermäuse in städtischen Parkanlagen zu geben, seien zwei Zahlen genannt. Natuschutzgebieten weisen Baumhöhlendichten von 21 Baumhöhlen pro Hektar aus [NOEKE 1990]. In einer städtischen Parkanlage in München wurden nur 2,7 Baumhöhlen pro Hektar gemessen [BRISKEN 1983]. Die Baumhöhlendichten für Parkanlagen können jedoch sehr unterschiedlich ausfallen. Bei sehr alten unbewirtschafteten Parkanlagen wie dem Lainzer Tiergarten in Wien sind durchaus hohe Dichten möglich.

Da das Vorkommen der beiden im Sommer baumhöhlenbewohnenden Arten Wasserfledermaus und Großer Abendsegler in Städten andeutet, daß durchaus durch Fledermäuse im Sommer beziehbare Baumhöhlen existieren, müssen weitere Gründe für das Fehlen der Waldfledermäuse existieren. Fransenfledermaus, Große und Kleine Bartfledermaus, Mopsfledermaus, Bechsteinfledermaus und Kleiner Abendsegler jagen fast ausschließlich in Wäldern. Ihr Nahrungsspektrum und ihre Jagdstrategien sind an diesen Lebensraum angepaßt, der sich in Städten nur sehr begrenzt findet. Obwohl die Ansprüche der Arten im einzelnen nicht bekannt sind, ist die geringe Waldfläche in Städten als limitierender Faktor für das Vorkommen dieser Tiere anzunehmen. Parkanlagen bieten infolge ihres großen Anteils an Adventivvegetation (nicht einheimische Pflanzen) nur ungünstige Jagdbedingungen für diese Arten.

"... Kurtze [1988] wies nach, daß in einem Nahrungsbiotop z.B. Robinien oder Nordmanntannen kaum zur Nahrungssuche abgeflogen werden, Eichen oder (nicht mit Pestiziden behandelte) Obstbäume dienten deutlich häufiger als Nahrungsbiotop .. Die Studien von Southwood [1958] informieren darüber, daß manche Baumarten kaum als Nahrungsbiotop für Insekten infrage kommen .. So mögen beispielsweise Roßkastanien und Robinien bei der optischen Begrünung oder Filterung von Straßenstäuben infrage kommen, sie bieten jedoch Insekten keine Nahrung. Demzufolge könnten [Fledermäuse] aus solchen Biotopen verschwinden, in denen biotopfremde Neuanpflanzungen erfolgten." [KURTZE 1991]

Hauptvorkommen von Großer und Kleiner Bartfledermaus, Mopsfledermaus und den in Mitteleuropa allgemein seltenen Arten Teichfledermaus, Kleine und Große Hufeisennase, Weißrandfledermaus, Wimpernfledermaus und Nordfledermaus beziehen im Winter und teilweise auch im Sommer Dachböden und Felshöhlen. Meiner Vermutung nach könnte die Seltenheit dieser Arten, ähnlich dem Großen Mausohr (s.o.), mit fehlenden Einflugsöffnungen in städtischen Dachböden von Wohnhäusern begründbar sein. Städtische Wohnhäuser sind meiner Erfahrung nach im Vergleich zu Wohnhäusern in ländlicher Umgebung besser isoliert bzw. wie in Berlin seit neuester Zeit als Wohnraum ausgebaut und somit gut abgedichtet (schlecht für die Fledermäuse!). Die wenigen großen Winterquartiere in Form von Bunkeranlagen und ähnlichem, die Einflugmöglichkeiten bieten, werden nur von mobilen wandernden oder wanderfähigen Arten (Fransenfledermaus, Mopsfledermaus) und ortstreuen Arten, die in der Stadt im Sommer Quartiere und Jagdräume finden (Wasserfledermäuse) genutzt.

Als Argument gegen meine Vermutung kann JANSEN [1993] zitiert werden, der belegt, daß in niederländischen Kirchdachböden von Städten kaum Fledermäuse gefunden werden. Im Umland dieser Städte findet man in Dorfkirchen jedoch einen Besetzungsgrad von 60-80% auf Kirchdachböden. Kirchdachböden sind vermutlich im städtischen und ländlichen Bereich kaum zu unterscheiden.


Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß alle in mitteleuropäischen Städten vorkommenden Fledermausarten gleichermaßen im nicht städtischen Bereich vorkommen, wenn auch Entwicklungen zu einer Spezialisierung auf den städtischen Lebensraum z.B. bei der Zwergfledermaus zu erkennen sind.

"The process of adaptation to life in cities may not yet be complete in this species and may be characteristic of only certain populations or subpopulations." [GAISLER 1979]

Damit ist im Moment keine Art als obligatorischer Stadtbewohner zu identifizieren. Zurückkommend auf SCHAEFERs [1992] Definition für Synanthropie muß festgestellt werden, daß es nur schwer möglich ist, eine bessere Entfaltung der Arten nachzuweisen. Bestandsvergleiche sind bei Fledermäusen schwer möglich, da keine absoluten Bestandsdichten gemessen wurden. Die enge Bindung an Städte zeigt aber, daß 8 Fledermausarten als Stadtfledermäuse und damit als synanthrop anzusehen sind.

Die Eigenschaften der Fledermäuse lassen sich in zwei Kategorien einteilen, die als Voraussetzung für und gegen eine Besiedlung gelten können.

  1. Fähigkeiten, als ideale Voraussetzung für das Leben in der Stadt bezeichnet werden können.
  2. Ansprüche, die eine Besiedlung von Städten nur sehr bedingt zulassen sind:

Liegen Ansprüche der zweiten Kategorie bei einer Art vor, kann davon ausgegangen werden, daß die Tiere in den meisten mitteleuropäischen Städten nicht oder nur selten vorkommen. Besondere Bedingungen können jedoch durchaus dazu führen, daß auch solche Arten häufig erscheinen. Sehr alte Parkanlagen oder Grünkorridore, die ins Umland der Stadt führen, können z.B. Nachweise von Waldfledermäusen erbringen, die ganzjährig Baumhöhlen in sehr alten Baumbeständen bevorzugen. Nachweise in Städten allgemein seltener Arten lassen also zu, die Naturnähe der städtischen Lebensräume zu erfassen.


Blättern: Synanthropie bei Fledermäusenzurück vorFledermausschutz in der Stadt


Inhaltsverz. Einleit. Grundl. Flederm. in Städten Stadtbewohner? Schutz Abstract Literat.


©verfaßt von Tiemo Redel -Germany (Berlin)- und zuletzt verändert am am 20.Oktober 1996

t at redel-online.dee-mail . . . meine Startseitehome . . . Freie Universität BerlinFU-Logo